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Winterdepression: Raus aus dem Stimmungstief

Winterdepression
Gegen eine Winterdepression hilft viel Tageslicht.

Kalte und trübe Tage schlagen selbst Frohnaturen aufs Gemüt. Kein Wunder: Durch den Mangel an natürlichem Tages- und Sonnenlicht sowie die verminderte Lichtintensität im Herbst und Winter sinkt die Produktion des „Glückshormons“ Serotonin im Gehirn. Gleichzeitig produziert der Körper weiterhin das „Schlafhormon“ Melatonin, das vom Körper nicht schnell genug abgebaut wird. Folge: Wir fühlen uns nicht nur schlecht gelaunt, sondern auch müde und antriebslos.

„Winterblues“ kontra SAD

Wichtig zu wissen: Ein „Winterblues” mit einer nachdenklichen, melancholischen und gedrückten Stimmung besitzt noch keinen Krankheitswert. Anders bei der Saisonal Abhängigen Depression (Seasonal Affective Disorder, SAD). Jedes Jahr sind hierzulande etwa 800.000 Menschen betroffen, drei Viertel davon Frauen. „Im Gegensatz zur jahreszeitlich unabhängigen Depression leiden Betroffene nicht unter Schlafstörungen, sondern haben ein erhöhtes Schlafbedürfnis“, erklärt Professor Dr. Ulrich Hegerl, Vorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe. Zudem leiden SAD-Patienten nicht – wie bei Depressiven sonst üblich –  unter Appetitmangel, sondern vermehrtem Hunger, speziell auf kohlenhydratreiche Lebensmittel wie Süßigkeiten.

Weitere Merkmale sind psychische Beschwerden, wie z. B. Antriebslosigkeit, Freud- und Interesselosigkeit oder gedrückte Stimmung, aber auch körperliche Störungen, wie z. B. Rücken- oder Magenschmerzen. Zudem treten die Beschwerden seit mindestens zwei Jahren hintereinander regelmäßig in der dunklen Jahreszeit auf und sind nach zwei bis drei Monaten wieder verschwunden.

Wichtig: Gehen Sie rechtzeitig zum Arzt! Dies ist auch wichtig, um körperliche Erkrankungen wie eine Schilddrüsenstörung, einen Infekt oder die Einnahme bestimmter Medikamente als Ursache auszuschließen. Aufschluss über eine mögliche depressive Erkrankung liefert ein Selbsttest der Stiftung Deutsche Depressionshilfe.

Lichttherapie kann helfen

Nach Angaben von Professor Dr. Ulrich Hegerl gibt es mehrere Behandlungsmöglichkeiten. In vielen Fällen hilft eine Lichttherapie. Hierzu setzt sich der Betroffene etwa zwei Wochen lang täglich bis zu zwei Stunden vor ein starkes Lichtgerät mit mindestens 2.500 Lux. In den meisten Fällen kommt es schon nach wenigen Tagen zu einer deutlichen Stimmungsaufhellung. Wichtig hierbei: Der Patient muss immer wieder in die Lichtquelle sehen, damit über die Netzhaut des Auges (Retina) und Sehnerv die Ausschüttung von Serotonin ausgelöst wird. Daher kommt auch eine Therapie in Solarien wegen der hohen UV-Strahlung nicht infrage. Die Lichttherapie kann in Kliniken, ärztlichen Praxen, aber auch zu Hause erfolgen. Lichttherapiegeräte gibt es in vielen Sanitäts- und medizinischen Warenhäusern für 200 und 400 Euro. In jedem Fall sollte man sich jedoch vorher ausführlich ärztlich beraten lassen, rät der Mediziner. Die Lichttherapie wird von den Kassenärztlichen Vereinigungen zwar als sinnvolle Therapie eingestuft; es besteht jedoch kein Anspruch auf Übernahme der Kosten (ab 5-10 Euro pro 30 Minuten) durch die gesetzlichen Krankenkassen.

Medikamente bei starken Beschwerden

Hilft die Lichttherapie nicht, sind andere Wege gefragt. „Vor allem bei schwe-ren Depressionen ist eine Behandlung mit Medikamenten sehr wichtig“, so Professor Hegerl. In diesem Fall kommen Medikamente zum Einsatz, die auch bei anderen Depressionsformen verschrieben werden.

Relativ neu bei Patienten mit Herbst-Winter-Depression ist der Einsatz der repetitiven transkraniellen Magnetstimulation (rTMS). Hierbei werden mit Hilfe einer magnetischen Spule bestimmte Hirnbereiche gezielt stimuliert. Das Verfahren ist gut verträglich und kommt vor allem für solche Patienten in Betracht, die auf eine medikamentöse Behandlung nicht ansprechen.

Gute Laune-Tipps für die dunkle Jahreszeit

Sie sind müde, gereizt und haben schlechte Laune, weil es draußen dunkel und ungemütlich ist? Das muss nicht sein. Es gibt viele einfache und wirksame Maßnahmen, um Ihre Stimmung in den Herbst- und Wintermonaten zu verbessern. Hier unsere Favoriten:

  • Treiben Sie Sport: Walken und Joggen sind ideal gegen den Herbst-blues: So schüttet der Körper beim Ausdauertraining entspannende und stimmungsaufhellende Stoffe wie Noradrenalin, Dopamin, Serotonin sowie Endorphine aus. Eine gute Möglichkeit bietet auch Wandern. Die Mischung aus Naturerleben, frischer Luft und Bewegung regt die Produktion von körpereigenen Endorphinen an. Das macht gute Laune und ist das ideale Mittel gegen den Herbst-Blues.
  • Gehen Sie spazieren: Wer weniger sportlich ist, sollte zumindest regel-mäßig im Hellen spazieren gehen. Einer Studie zufolge ist der Aufenthalt von 1 Stunde in der Wintersonne genauso wirkungsvoll wie der von 2 ½ Stunden unter hellem künstlichen Licht. Selbst bei bedecktem Himmel nimmt man noch etwa 1.500 Lux auf. 30 Minuten täglich genügen.
  • Suchen Sie einen Platz an der Sonne: Auch im Büro können Sie Ihre Stimmung spürbar verbessern. Haben Sie ein Fenster? Prima, dann schieben Sie einfach die Vorhänge oder Jalousien beiseite. Setzen Sie sich so nah wie möglich ans Fenster, damit das Sonnenlicht auf Ihre Augen treffen kann. Fehlt ein Fenster: Besorgen Sie sich eine Vollspektrumlampe – ihr Licht ähnelt dem natürlichen Tageslicht.
  • Schnuppern Sie mal: Israelische Forscher an der Universität von Tel Aviv entdeckten einen Zusammenhang zwischen Depressionen und unserem Geruchssinn. Danach lässt sich durch Zitrusduft die Serotonin-Ausschüttung direkt anregen und gleichzeitig die Freisetzung des Stresshormons Norepinephrin drosseln. Daher: Tanken Sie jetzt öfter mal eine Nase voll gute Laune. Neben Zitrone wirken auch Orange, Geranium und Bergamotte aufmunternd.
  • Gehen Sie schwitzen: „Saunieren wirkt ausgleichend auf die Psyche und kann so auch einer Winter-Depression vorbeugen“, erklärt Dr. med. Lutz Koch, Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin sowie Arzt für Naturheilkunde aus Graal-Müritz. Damit Körper und Psyche vom Schwitzbad profitieren, regelmäßig (am besten einmal pro Woche) schwitzen gehen.
  • Genießen Sie das Farbenfeuerwerk: Leuchtendes Gelb, Orange oder Rot – buntes Herbstlaub ist ein wahres Fest für die Sinne und macht gute Laune. Genießen Sie daher die Farben bei einem Spaziergang, so oft es geht. Oder: Holen Sie sich den Herbst ins Haus, indem Sie es mit bunten Blättern, Kastanien oder Zierkürbissen dekorieren.
  • Essen Sie gute Laune: Zuckerhaltige Speisen fördern die Produktion des Glückshormons Serotonin. Erlauben Sie sich daher regelmäßig ein Stückchen Schokolade. Der süße Schmelz enthält nicht nur Zucker, sondern auch geringe, aber ungefährliche Mengen des Marihuana-ähnlichen Wirkstoffs Anandamid. Für gute Laune sorgen auch Avocados, Bananen, Kartoffeln sowie Milch und Milchprodukte wie Joghurt und Käse.